Ditfurt

  • km: 87,1 li
  • Postleitzahl: 06484
  • Tel.-Vorwahl: 03946

Ditfurt liegt im Nordosten des Harzkreises bei Quedlinburg im Tal der Bode.

Geschichtliches:

  • Der Ort taucht bereits um 800 in Aufzeichnungen des Klosters Fulda auf, so dass seine Entstehungszeit noch eher angenommen wird.
  • Eine Furt durch die beiden Bodearme hatte große Bedeutung, denn ein wichtiger Handelsweg führte hindurch. Seit der Zeit Karls des Großen hatte der Weg auch Bedeutung für kriegerische Truppen und so hieß er fortan nur noch "Heerweg". Die Furt hatte den Namen Diufurt oder Deotfurt (= Volksfurt, große Furt) und so erhielt auch die Siedlung später diesen Namen. Die Furt schützte eine Burg am linken Bodeufer und im Norden ein mit Mauern und Graben umgebenes Blockhaus und 4 befestigte Freihöfe. In der Burg wurde ein Wirtschaftshof angelegt. Es sollen unterirdische Gänge existiert haben, welche die Burg mit den Freihöfen verbanden.
  • 974 wurde das Haufendorf Ditfurt als "Deotfurdi" in einer Schenkungsurkunde von Otto II. an das Ouedlinburger Stift erstmals urkundlich erwähnt.
  • Die Herren von Ditfurt hatten über 300 Jahre hinweg das Marschallamt der Äbtissinnen inne. In Urkunden der Äbtissin Beatrix II. von Quedlinburg aus der Zeit von 1147-49 wird ein Hagimar I. von Ditfurt und sein Sohn Hermann I. genannt.
  • 1540 führte Anna II. die Reformation ein und stellte in Ditfurt einen evangelischen Pfarrer ein.
  • Die Ditfurter hatten mehr Frondienste für das Stift zu leisten als die Quedlinburger. Sie mußten sämtliche Spann- und Handdienste für das Stiftsvorwerk leisten, während die Quedlinburger nur Küchenfuhren einzubringen hatten. Gegen diese Dienste haben sie sich jahrhundertelang erfolglos gewehrt. Erst im 19. Jh. wurden sie diese Fron los.
  • Trotz dieser Unterdrückung war Ditfurt immer ein stattliches Dorf gewesen und besaß schon früh eine eigene Verwaltung, die allerdings in ihrer Entscheidungsfreiheit von der Bestätigung der Äbtissin abhängig war. Um 1541 erhielt der Rat von der Äbtissin die Erlaubnis, ein eigenes Siegelbild benutzen zu dürfen. Zwei gekreuzte silberne Kredenzmesser mit goldenen Griffen in rotem und blauem Felde sind darauf zu sehen.
  • Der Zöllner der Ditfurter Zollstätte erhielt im Jahre 1613 vom Stift die Erlaubnis, an die Durchreisenden ein halbes bis ganzes Faß Bier oder Branntwein zu verschenken. An die Einheimischen durfte er jedoch keine Getränke abgeben. Der Wirt der Gemeindeschenke in der Krugstraße beschwerte sich darüber, woraufhin sein Krug in einem Schreiben an die Äbtissin als Ort kritisiert wurde, wo sich das Volk nur zum Saufen, Raufen und Schlagen zusammenfindet. Bei einer Neuverpachtung der Schänke im Jahre 1747 wurden schärfere Verordnungen erlassen: Polizeistunde war z.B. schon abends 10 Uhr, Kartenspielen um Geld war bei Strafe verboten und keiner durfte Waffen oder Messer mitführen. Der Wirt durfte seinen Gästen maximal einen Taler Kredit gewähren. Die Busgeldeinnahmen teilten sich Rat und Äbtissin.
  • Da die Bode früher viel mehr Fische hatte, lebten auch Fischer in Ditfurt. Der Rat der Gemeinde besaß die Fischereigerechtigkeit und verpachtete sie an die Fischer. 1541 waren es 2 Fischer, sie durften auch das Eis auf der Bode hauen und hatten jeder 3 Einbuchtungen, die kein anderer nutzen durfte. Sie fischten durch Tauch- und Eisfischen, was nur bei großem Fischreichtum möglich ist. Doch Flußregulierung, Verunreinigungen und Beseitigung der Erlen- und Weidensträucher am Ufer ließen weniger Lebensraum für die Fische. 1559 schlossen sich die Fischer zu einer Vereinigung zusammen.
  • Ditfurt hatte eine 2 m hohe Mauer mit 4 verschließbaren Toren. Es war eine Lehm-Reisig-Wand mit einem äußeren Graben die dem Einschleppen gestohlener Feldfrüchte entgegenwirken sollte. Die Tore (Pölkentor, Schaftor, Krugtor und Zolltor) wurden von Wächtern bewacht, Nachts und Feiertags verschlossen. Nachdem die Residenzburg von Äbtissin Jutta 1333 zum Vorwerk umgebaut wurde, und das Blockhaus zum Rathaus gemacht war, gab es nur noch die Gemeindewache. 1850 ersetzte man die Wachen durch einen 2. Nachtwächter.
  • In Vorbereitung des 30-jährigen Krieges forderte eine Verordnung des Kurfürsten von Dresden als Stiftsschutzherr der Quedlinburger Bürgerschaft vom 30.5.1606 die Ditfurter zum militärischen Dienst. Jeder der 166 Hausbesitzer hatte sich mit vorgeschriebenen Waffen bereit zu halten bzw. einen Ersatzmann zu stellen. Ab 1622, als Christian von Braunschweig in den Krieg eingriff und einen Werbeplatz bei Halberstadt errichtete, begannen die Kriegswirren in diesem Gebiet. Ab 1626 waren Wallensteins Truppen im Harzvorland angelangt und ab 1629 wurden die Kriegshandlungen unerträglich. Zu leiden hatte man vor allem unter den Einquartierungen, die bis 1648 nicht abrissen. Die Schweden und auch die Kaiserlichen zogen plündernd durch die Dörfer und ernährten sich von dem, was die Einwohner zu liefern hatten. Den Bauern raubte man die Pferde, das Korn und Wertgegenstände, so dass der Ackerbau bald am Boden war, und auch die Mühlen wurden unbrauchbar gemacht. Pest, Hungers- und Wassernot griffen um sich. Der Ort wurde immer wieder von Feuersbrünsten heimgesucht und 1635 in einem Brief der Äbtissin als völlig ruiniert bezeichnet. Am Kriegsende war der Ort ein Trümmerhaufen, die Äcker unbestellt, das Vieh vertrieben und die Einwohnerzahl gering.
  • 1803 wurde die Abtei aufgehoben und vom Preußischen Staat einverleibt.
  • 1829 verursachte langanhaltender Regen Überschwemmungen der Bode. Diese schwemmte den in der "Röste" befindlichen Flachs fort oder verschüttete ihn unter Treibsand. Nach 2 Regenwochen hat man versucht, noch Flachs zu retten. Die Leute wateten in dem unübersehbaren Wasser herum und sammelten das Aufgetauchte zusammen. Von der Brücke sah man nur die Köpfe der Arbeiter im Bodestrom.
  • Große Dürre herrschte in den Jahren 1836/37, 1842/43 und 1846. Die Brunnen gaben kein Wasser mehr her, die Mühlen schroteten nur noch und der Flachs kam nicht zum Blühen. Darauf folgende Mißernten ließen die Getreidepreise in die Höhe gehen.
  • 1841 wurde das Armenhaus und 1843 die Chaussee nach Quedlinburg gebaut, wobei auch Ditfurter Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienten.
  • 1856 errichtete man die beiden steinernen Brücken über den Mühlgraben und die wilde Bode. Dadurch sind einige alte Holzbrücken (am Schützenhaus, Langesteg und Landessteg) überflüssig geworden. Erhalten blieben die Waschebrücke und Schafbrücke.
  • 1861/62 wurde die Eisenbahnstrecke Halberstadt - Thale gebaut. Am 2.7.1862 eröffnete ein Festzug, von Berlin kommend, den Verkehr für die "Harzbahn". Sein Eintreffen auf dem noch in Bau befindlichen Quedlinburger Bahnhof gegen 12 Uhr lockte zahlreiche Zuschauer aus der Umgebung dorthin. Nachmittags folgte ihm ein Extrazug, der auch in Wegeleben, Ditfurt, Quedlinburg und Neinstedt hielt, um Passagiere mitzunehmen. Der Andrang war so groß, dass noch Wagen angehängt werden mußten.
  • Ab 1946 hatte Ditfurt eine Schmuckindustrie. Ehemalige Sudetendeutsche, die 1945 von den Tschechen ausgesiedelt waren, richteten das Schützenhaus als Werkstatt her. Zuerst stellte man per Handarbeit Holzbroschen aus einem alten Holzfaß her, etwas später kamen Zopfhalter aus Aluminium dazu. 1947 erwarb man erste Maschinen und steigerte die Produktion. 1958 entstand die "Harzer Schmuck- und Kunststoffe PGH Ditfurt". Hergestellt wurden Broschen, Haarspangen, Möbelgleiter, Gardinenklemmen, Fahhradschmutzfänger und Blumenständer. Auch Zulieferteile für Leuchtstoffröhren, Meßgeräte, Waschmaschinen und Kühlschränke erweiterten die Produktpalette im Laufe der Zeit.
  • Haupterwerbszweig der Bevölkerung war immer die Landwirtschaft. 1949 hatte die Gemeinde Ditfurt 160 landwirtschaftliche Betriebe. Am 3.10.1952 wurde die LPG (Typ III) "Fortschritt" und am 15.7.1958 die LPG (Typ I) "Neues Leben"gegründet. Ab 1958 führte man Großflächenbewirtschaftung durch.
  • Mitte des 20. Jh. hatte Ditfurt eine eigene Molkerei. Sie wurde 1963 nach Westerhausen verlegt. Danach zog ein Fischverarbeitungbetrieb in die Räumlichkeiten und produzierte Konserven mit "Heringsgabelbissen" und "Kräuterfiletröllchen".

Sehenswürdigkeiten:

  • Die Bonifacius-Kirche liegt auf dem Sporn über dem Bodetal und bestimmt mit ihrem 64 m hohen Turm das Bild von Dorf und Landschaft. Ihr Vorgängerbau war 1569-82 entstanden und hatte seinen Turm aus dem 12. Jh. behalten. Die heutige Kirche wurde Anfang des 19. Jh. aus Bruchsteinmauerwerk erbaut und am 1.8.1903 eingeweiht. Die Kanzel besteht aus rotem Sandstein und Kalkstein, der Altar aus rotem Blankenburger Sandstein und Elmkalkstein. Die Kirche besitzt noch ein silbernes Ciborium aus dem 30-jährigen Krieg.
  • Die Winkelkirche ist als Interimskirche 1901 aus einer alten Pfarrscheune entstanden. Hier führte man während der Erneuerung der Bonifatius-Kirche die Gottesdienste durch. 1955 wurden die Räumlichkeiten geteilt und renoviert. In einem Teil wurden Wintergottesdienste durchgeführt und im anderen Teil hatte man die Heimatstube untergebracht.
  • Im Heimatmuseum sind die Ditfurter Heimatstuben (Pfarrstr., bei der Post) zeigt u.a. Herstellung historischer Kleidung in der Näh- und Trachtenstube. Am 22.11.1957 wurde eine Heimatstube eröffnet.
    Besichtigung nach Voranmeldung, Herr Meyer, Schützenstr. 7, Tel. 707713
  • Das Rathaus ist ein gotischer Fachwerbau mit Figurenknaggenschmuck. Dort stand früher das Blockhaus der Vorburg. Schon 1246 wurde es als Spelhus erstmalig erwähnt. Mit dem Umbau der Burg zum Vorwerk 1333 vergrößerte man die Vorburg und nutzte sie als Rathaus. An- und Umbauten im Laufe der Zeit haben das Aussehen verändert, wobei Reste des alten Spelhuses in dem massiven Westgiebel mit seinem starken Sandsteinmauerwerk vermutlich noch vorhanden sind. Auf der Südseite befindet sich ein schönes Portal mit der Jahreszahl 1534. Es ist nicht sicher, ob es die Entstehungszeit des gesamten Baues oder nur des Portals bedeutet. An den Schwellenbalken zwischen den Geschossen befinden sich geschnitzte Konsolen mit Heiligenmotiven.
  • Die Wassermühle am Ortseingang von Ditfurt steht unter Denkmalschutz. (Privatgelände)
  • Das Amt ist aus dem Könighof herforgegangen. Es wurde 1333 zum Wirtschaftshof umgebaut, gehörte ab 1610 der Abtei und war von 1808-13 westfälische Domäne. Sehenswert ist der große Saal mit Stuckdecke und Kamin sowie das Stiftswappen am Portal des Gutshauses.
  • Die Friedhofskapelle wurde am 14.8.1910 eingeweiht, nachdem der Begräbnisplatz vom Schaftor zum Stadtweg verlegt worden war.
  • Der "Friedenspark" wurde 1917 auf dem ehemaligen Friedhof angelegt.
  • Ausflugsziele:
    • Das nur 5 km entfernte Quedlinburg mit seiner historischen Innenstadt, der Stiftskirche und dem Schlossmuseum ist gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen.
    • Nicht weit entfernt (ca. 5 km), bietet sich auch das ehemalige Zisterzienserinnenkloster "St. Gertrudis" in Hedersleben für einen Ausflug an. Es liegt in einer landschaftlich reizvollen Umgebung, wo die Selke in die Bode fließt.

Wandern und Radwandern:

  • Es gibt einen Wanderweg nördlich von Bode und Zapfenbach nach Quedlinburg. Dort trifft er auf den Harzvorlandradweg, der von Quedlinburg aus nach Ballenstedt oder nach Neinstedt führt. In Neinstedt kann man den Europaradweg R1 erreichen.
    In der Gegenrichtung gibt es einen Wanderweg rechtsseitig der Bode nach Wedderstedt - Hausneindorf - Gatersleben, wo dieser ebenfalls auf den Europaradweg R1 trifft. Der Radweg R1 führt von Nordfrankreich nach Berlin, u.a. über die Stationen Wernigerode - Blankenburg - Thale - Neinstedt - Gernrode - Ballenstedt - Ermsleben - Gatersleben - Hecklingen - Staßfurt - Nienburg - Bernburg.

Freizeit und Erholung:

  • Kanuverleih Ditfurt, Michael Reinhardt, Karl-Marx-Straße 11, 06484 Ditfurt, Tel. 03946/6897997, Mobil 0151/12625854
  • Gaststätten und Unterkünfte:
    • Herberge im Heimatmuseum, Hauptstr. 19, Tel. 03946/810521
    • Schützenhaus, Schützenstr. 33, Tel. 03946/811882

Verkehrsanbindungen:

  • Bundesstraßen:
    • B6 Wernigerode - Quedlinburg - Halle (ca. 5 km entfernt)
  • Bahnverbindungen:
    • Verbindungen nach Thale, Quedlinburg, Halberstadt, Magdeburg, Auskunft über INSA
  • Busverbindungen:
    • nach Quedlinburg, Hedersleben, Nachterstedt; Auskunft über INSA

Informationen: